Studie: Fehlende Förderung und hohe Preise bremsen E-Auto-Wende in Deutschland

19.08.2025 2 mal gelesen 0 Kommentare

Studie: Gründe für die verpatzte E-Auto-Wende in Deutschland

Eine aktuelle Studie des Center Automotive Research (CAR) zeigt, dass das abrupte Ende des Umweltbonus Ende 2023 der Elektromobilität in Deutschland stärker geschadet hat als erwartet. Laut der Analyse, die auf Branchenanalysen, politischen Strategiepapieren, wissenschaftlichen Studien und Medienberichten basiert, ging der Absatz rein elektrisch betriebener Autos (BEV) im Jahr 2024 um über 27 Prozent auf 380.609 Fahrzeuge zurück. Besonders dramatisch war der Rückgang im Privatmarkt: Die Zahl der Zulassungen halbierte sich von 170.000 auf 92.000 Fahrzeuge. Hauptgrund hierfür ist der Wegfall des staatlichen Kaufanreizes, der vor allem für das preissensible Privatkundensegment von Bedeutung war.

Im Folgejahr reagierten die Hersteller mit Preisnachlässen von bis zu 20 Prozent und attraktiven Leasingangeboten, was zu steigenden Zulassungszahlen führte. Dennoch wird die Marktdynamik derzeit noch stark durch gewerbliche Zulassungen getragen. Die Studie betont, dass auf lange Sicht der Privatmarkt entscheidend ist und dort vor allem Preis und Betriebskosten über den Kauf entscheiden – nicht Ideologie.

„Bestimmen vor allem Preis und Betriebskosten über den Kauf – nicht Ideologie“, heißt es in der CAR-Studie.
Jahr BEV-Absatz Privatmarkt-Zulassungen
2023 n/a 170.000
2024 380.609 92.000
  • Absatzrückgang BEV: über 27 Prozent
  • Privatmarkt-Zulassungen fast halbiert
  • Preisnachlässe bis zu 20 Prozent im Folgejahr

Infobox: Der Wegfall des Umweltbonus führte zu einem massiven Einbruch bei den Privatkunden. Hersteller reagierten mit Preisnachlässen, doch der Privatmarkt bleibt das Sorgenkind.

Staatliche Förderung: Nicht zielgerichtet und zu gering

Die Studie kritisiert, dass die staatliche Förderung, als sie noch existierte, teilweise am Bedarf vorbeiging. Besonders Haushalte mit niedrigem Einkommen konnten nicht profitieren. Die durchschnittliche Förderung von 4.100 Euro reichte nicht aus, um die Preisunterschiede zu konventionellen Fahrzeugen auszugleichen. Die Autoren betonen, dass gerade diese preissensitiven Haushalte für eine flächendeckende Mobilitätswende entscheidend sind.

Eine gezielte Förderung günstigerer Modelle bis 25.000 Euro würde laut Studie zu einer Absatzsteigerung von 27 Prozent führen. Im oberen Preissegment über 45.000 Euro wären es nur rund neun Prozent.

Förderhöhe Absatzsteigerung
bis 25.000 € 27 %
über 45.000 € 9 %

Infobox: Die Förderung war für viele Zielgruppen zu gering. Eine stärkere Fokussierung auf günstige Modelle könnte den Absatz deutlich steigern.

Vertrauen und Ladeinfrastruktur als weitere Hürden

Ein weiteres zentrales Hindernis ist das mangelnde Vertrauen in die Elektromobilität. 70 Prozent der Führerscheininhaber haben laut Studie noch nie ein BEV gefahren. Diese fehlende Alltagserfahrung hemmt die emotionale wie rationale Kaufbereitschaft. Die Autoren empfehlen niedrigschwellige Formate wie Probefahrten, Carsharing oder E-Dienstwagen, um diese Erfahrungslücke zu schließen.

Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur gibt es Defizite. Zum 1. Mai 2025 gab es in Deutschland 166.876 öffentliche Ladepunkte – 70.000 mehr als zwei Jahre zuvor. Dennoch kommt hierzulande nur ein Ladepunkt auf 17,3 E-Autos, während es in den Niederlanden 6,4 sind. Besonders in ländlichen Räumen ist das Angebot unzureichend, was auf bürokratische Hürden zurückgeführt wird.

Land Ladepunkte pro E-Auto Öffentliche Ladepunkte (Mai 2025)
Deutschland 1 : 17,3 166.876
Niederlande 1 : 6,4 n/a
  • 70 % der Führerscheininhaber haben noch nie ein BEV gefahren
  • 166.876 öffentliche Ladepunkte in Deutschland (Mai 2025)
  • 1 Ladepunkt auf 17,3 E-Autos in Deutschland

Infobox: Fehlende Alltagserfahrung und eine unzureichende Ladeinfrastruktur bremsen die E-Mobilität in Deutschland weiterhin aus.

Nachbarländer als Vorbilder: Was Deutschland lernen kann

Die Studie verweist auf erfolgreiche Beispiele aus dem Ausland. In Norwegen erreichen Elektroautos dank Steuerbefreiungen und Privilegien wie Mauterlässe einen Anteil von 25 Prozent am gesamten Pkw-Bestand. Dänemark setzt auf ein langfristig angelegtes, differenziertes Steuersystem für BEVs. Frankreich erleichtert einkommensschwachen Haushalten den Umstieg auf E-Mobilität durch eine Kombination aus Klimazielen und Sozialpolitik. In den Niederlanden sorgen ein staatlich-kommunaler Ladeausbau und Subventionen für Fortschritte.

Die Autoren empfehlen für Deutschland einen Mix aus sozial gezielter Förderung nach französischem Vorbild, koordiniertem Infrastrukturausbau wie in den Niederlanden und fiskalischen Impulsen wie in Norwegen.

  • Norwegen: 25 % BEV-Anteil am Pkw-Bestand
  • Dänemark: Differenziertes Steuersystem für BEVs
  • Frankreich: Sozialpolitische Förderung für einkommensschwache Haushalte
  • Niederlande: Staatlich-kommunaler Ladeausbau und Subventionen

Infobox: Erfolgreiche Nachbarländer setzen auf gezielte Förderung, steuerliche Anreize und einen koordinierten Ausbau der Infrastruktur.

Deutsche Autobauer unter Druck

Auch die deutschen Autobauer stehen laut Studie vor großen Herausforderungen. Am Beispiel von Volkswagen wird deutlich, dass der Gewinn der Pkw-Sparte im ersten Quartal 2025 um 85 Prozent eingebrochen ist. Ursachen sind unter anderem CO₂-Rückstellungen, Marktverluste in China, drohende US-Zölle und strukturelle Schwächen in der Software.

Zudem drängen chinesische Anbieter wie BYD oder Geely auf den Markt. Zwar blieben die Absatzzahlen chinesischer Marken in der EU im Jahr 2024 noch hinter den Erwartungen zurück, doch die Studie erwartet, dass dieser Rückstand durch Professionalisierung in Marketing, Vertrieb und Service bald aufgeholt wird.

Unternehmen Gewinnrückgang Q1 2025
Volkswagen Pkw-Sparte 85 %
  • VW-Gewinnrückgang: 85 % im ersten Quartal 2025
  • Wachsende Konkurrenz durch chinesische Hersteller

Infobox: Deutsche Hersteller verlieren an Boden, während chinesische Anbieter aufholen und der internationale Wettbewerb zunimmt.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Studie warnt, dass Deutschland Gefahr läuft, im globalen Wettbewerb um die Elektromobilität den Anschluss zu verlieren – nicht aus technologischen Gründen, sondern wegen fehlender industriepolitischer Konsequenz und mangelnder gesellschaftlicher Unterstützung. Ohne Kurskorrektur droht der deutschen Automobilbranche der dauerhafte Verlust der internationalen Führungsrolle.

  1. Sozial zielgerichtete Förderung von E-Autos
  2. Beschleunigter Ausbau der Ladeinfrastruktur
  3. Förderung günstiger Einstiegsmodelle (< 25.000 €)
  4. Lokalisierung von Produktion zur Risikoabsicherung
  5. Vertrauensstiftende Kommunikation auf EU-Ebene
  6. Strategische Investitionen in die Batterieindustrie

Infobox: Die Studie empfiehlt einen Mix aus gezielter Förderung, Infrastrukturausbau und industriepolitischen Maßnahmen, um die E-Mobilität in Deutschland wieder auf Kurs zu bringen.
Quelle: Merkur, „Verpatzte E-Auto-Wende in Deutschland: Neue Studie deckt wahren Gründe auf“

Quellen:

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